PCB in Rinderfett?
Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind eine Gruppe von 209 Chemikalien auf Chlorbasis, die aufgrund ihrer hohen Feuerbeständigkeit, guten Isolierfähigkeit und grossen Viskosität bis in die 1980er Jahre in Elektrotransformatoren, Kondensatoren, Farben und Dichtungen verwendet wurden. Aufgrund ihrer dioxinähnlichen chemischen Zusammensetzung stellen einige dieser Chemikalien entsprechende Risiken für die Gesundheit dar.
Obwohl es längst keine PCB-Emissionen mehr gibt, bleibt die Kontaminierung der Umwelt bestehen, da diese Moleküle sehr stabil sind und sich im Fettgewebe anreichern. Dies erklärt, weshalb die Gefahr einer Anreicherung im Fettgewebe von Lebensmitteln produzierenden Tieren trotz relativ kleiner PCB-Konzentrationen in der Umwelt nach wie vor problematisch ist. Insbesondere bei naturnahen Produktionsformen ist dem PCB-Gehalt in Rinderfett besondere Beachtung zu schenken.
Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) hat im Rahmen eines Monitorings des PCB-Gehalts in Rinderfett vereinzelte Überschreitungen der Höchstwerte für Lebensmittel festgestellt. Nach eingehender Prüfung hat sich gezeigt, dass in zwei Fällen konkrete Massnahmen nötig sind, damit diese Kontaminierungen wieder unter den Höchstwerten zu liegen kommen.
Diese Situation machte eine behördliche Zusammenarbeit in den Bereichen Lebensmittel und Primärproduktion erforderlich. So nahm das BLV mit dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) Kontakt auf, um der Ursache dieser Kontaminierung auf die Spur zu kommen und entsprechende Massnahmen zu treffen. Eine eingehende Analyse in Zusammenarbeit mit dem interdisziplinären Forschungsinstitut für Materialwissenschaften und Technologieentwicklung (EMPA) brachte zwei verschiedene Auslöser für die hohen PCB-Werte zutage.
In einem Fall wurde eine punktuelle Kontaminierungsquelle ermittelt. Im Futter und der Betriebsumgebung wurden durchwegs sehr tiefe Werte festgestellt. Dennoch wurden bei den Tieren sehr hohe PCB-Werte ausgewiesen. Als Ursache stellte sich schliesslich die Farbe der Stallinnenwände heraus, die sehr hohe PCB-Werte ergab und zu den Normüberschreitungen im Fettgewebe der Tiere geführt hatte. Diese Art von Farbe, die aufgrund ihrer positiven Eigenschaften mit PCB versetzt wurde, ist seit 1972 nicht mehr erhältlich – doch der fragliche Stall wurde in jener Zeit neu gestrichen. So wurde der Stall von einer spezialisierten Firma saniert, um diese punktuelle PCB-Quelle zu beseitigen und eine Lebensmittelproduktion unter normalen Bedingungen wieder zu ermöglichen.
In einem zweiten Fall wurde eine diffuse Kontaminierungsquelle aus einem – insbesondere im Boden – überdurchschnittlich stark PCB-belasteten Umfeld eruiert. Das Fettgewebe der Tiere wies PCB-Werte knapp über dem tolerierten Höchstwert für Lebensmittel auf. So reichte eine leichte Erhöhung der Kontaminierung aus der Umwelt über das Futter aus, dass sich PCB im Fettgewebe der Tiere anreicherte und zu überhöhten Werten führte. Anders als im erstgenannten Fall ergaben die punktuellen Analysen der PCB-Gehalte von Anlagen und Materialien, mit denen die Tiere in Kontakt kommen, keine erhöhten Werte, die zu einer Kontaminierung hätten führen können. Mit gezielten Massnahmen bei der Futterzubereitung, dem Weidegang und der Futterzusammensetzung konnten die PCB-Werte im Rinderfett korrigiert und unter die Toleranzschwelle gebracht werden.
Die PCB-Anreicherung in Lebensmitteln tierischen Ursprungs, insbesondere bei Produktionsmethoden mit erhöhtem Kontaminierungsrisiko, wird von den für die Lebensmittelsicherheit zuständigen Behörden gemeinsam eingehend untersucht. Mit einem besseren Verständnis der Übertragung von PCB vom Tierfutter bis zum konsumfertigen Lebensmittel tierischen Ursprungs können die Fleischproduzentinnen und produzenten gezielter beraten und solche Kontaminationen vermieden werden.
Louis Tamborini, BLW, Fachbereich Produktionssicherheit und Tierernährung, louis.tamborini@blw.admin.ch
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