Gut ausgebildete Fachkräfte sind innerhalb der Landwirtschaft, aber auch in den vor- und nachgelagerten Bereichen sehr gefragt. Zwar blieben die Lernendenzahlen recht stabil, während sie bei einigen gewerblichen Berufen stark gesunken sind. Um den Bedarf bei der Hofnachfolge und in den vor- und nachgelagerten Bereichen zu decken, fehlen aber trotzdem rund 250 Lernende pro Jahr. Es gilt, die Attraktivität weiter hoch zu halten, denn der Kampf um Schulabgänger ist aufgrund des demografischen Knicks gross.

Verbundpartnerschaft

Die Weiterentwicklung eines Berufs kann nur als Verbundaufgabe von Bund, Kantonen und Organisationen der Arbeitswelt gemeistert werden. Gemeinsam setzen sich die drei Partner für eine qualitativ hochstehende Berufsbildung ein und streben ein ausreichendes Angebot an Ausbildungsplätzen und Bildungsgängen an. Die Umsetzung dieses Grundsatzes ist eine der Voraussetzungen, damit das duale Bildungssystem erfolgreich funktioniert. Das Ziel ist, eine hohe Arbeitsmarktfähigkeit für die Absolventinnen und Absolventen der Berufsbildung zu erreichen. Zudem garantiert die Nähe zur Praxis die Vermittlung von relevanten und aktuellen Bildungsinhalten.

Der Bund regelt die Berufsbildung von über 230 Berufen in der Schweiz. Mit den Vorgaben für das Erarbeiten der Bildungsverordnungen, der Bildungspläne und der Qualifikationsverfahren ist er für die strategische Steuerung und Entwicklung der beruflichen Grundbildung verantwortlich. Zudem genehmigt das Staatsekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) die genannten Erlasse der beruflichen Grundbildung. Bei der höheren Berufsbildung macht der Bund Vorgaben für das Redigieren von Prüfungsordnungen und Rahmenlehrplänen.

Die 26 kantonalen Berufsbildungsämter sind die Vollzugsorgane auf kantonaler Ebene. Sie bzw. die kantonalen Schulen der Berufsbildung sind die Anbieter der schulischen Bildung und übernehmen damit den Hauptteil der Finanzierung der beruflichen Grundbildung. In ihren Zuständigkeitsbereich gehören ferner die Kontrolle der Lehrverhältnisse sowie die Durchführung der Qualifikationsverfahren.

Die Berufsorganisationen bzw. die Organisationen der Arbeitswelt (OdA) nehmen als dritter Akteur in der Verbundpartnerschaft die Interessen der Berufsstände wahr. Sie sind verantwortlich für die Bildungs- und Prüfungsinhalte und definieren die Berufsprofile. Über die Bildungspläne und die Qualifikationsverfahren erreichen sie, dass die Berufsbildung aktuell ist und den Bedürfnissen des entsprechenden Sektors entspricht. Zudem sind die OdA verantwortlich für die überbetrieblichen Kurse (ÜK) sowie für die Berufsbildungswerbung.

Die Verbundpartnerschaft in der landwirtschaftlichen Berufsbildung wird gelebt und funktioniert. Die OdA AgriAliForm vereint neun Berufsorganisationen aus dem Berufsfeld Landwirtschaft. Sie nimmt ihre Aufgaben in der Berufsbildung sowohl auf Stufe Grundbildung (Sekundarstufe 2) wie auch im Bereich der höheren Berufsbildung (Tertiärstufe B) wahr. 

Fünfjahresüberprüfungen

In den Verordnungen über die berufliche Grundbildung ist festgehalten, dass eine aus den Verbundpartnern zusammengesetzte Kommission für Berufsentwicklung und Qualität (Kommission B&Q) für den jeweiligen Beruf einzusetzen ist. Eine der zentralen Aufgaben dieser Kommission B&Q ist es, die Bildungsinhalte, Ziele und Anforderungen an die berufliche Grundbildung mindestens alle fünf Jahre auf ihre Aktualität, Stufengerechtigkeit, Qualität und Arbeitsmarkttauglichkeit hin zu überprüfen.

Im Berufsfeld Landwirtschaft wurde vor fünf Jahren eine umfassende Reform der Grundbildung umgesetzt. In einer breit angelegten Onlinebefragung (rund 1400 Akteure, Lernende, Berufsbildner, Schulen usw.) sowie in vertiefenden Workshops wurden nun die Stakeholder der landwirtschaftlichen Grundbildung über Stärken, Schwächen und allfällige Verbesserungsmöglichkeiten befragt. Die Erkenntnisse, Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen wurden in einem Schlussbericht festgehalten.

Dieser Schlussbericht zeigt eindeutige Stärken des heutigen Systems, aber auch einige Schwächen und Verbesserungspotenzial auf. Grundsätzlich sind die Befragten aber mit dem System zufrieden. Als Stärken wurden unter anderem das Berufsprofil, die Struktur und der Aufbau des Bildungsplans, die Lernorte Betrieb, überbetriebliche Kurse (ÜK) und Berufsfachschule sowie der mögliche Lehrbetriebswechsel und der handlungsorientierte Unterricht hervorgehoben. Verbesserungspotenzial wurde in folgenden vier Handlungsfeldern lokalisiert: Inhalt des Bildungsplans, Lerndokumentation, Struktur und Dauer der Qualifikationsverfahren sowie Verteilung der Lektionen über die Lehrjahre.

Teilrevision 

Der Vorstand der OdA sowie die zuständige Kommission B&Q haben aufgrund des Schlussberichts und der weiterführenden Diskussionen in den Gremien entschieden, eine Teilrevision auf Basis einer dreijährigen Lehrdauer durchzuführen. Die Berufe im Berufsfeld Landwirtschaft sollen laufend an die wirtschaftlichen, technologischen, ökologischen und didaktischen Entwicklungen angepasst werden. Die erwähnten Stärken des aktuellen Bildungssystems sollen erhalten bleiben. In den ausgewiesenen vier Handlungsfeldern analysieren Arbeitsgruppen Schwächen und Überschneidungen detailliert und bearbeiten sie. Dabei berücksichtigen sie die Meinungen und Rückmeldungen der Verbundpartner gebührend. In der Bildungsverordnung selber sollen nur kleinere Veränderungen vorgenommen werden. Mit diesen Entscheiden hat sich die Kommission B&Q für eine organische Weiterentwicklung der Berufe im Berufsfeld Landwirtschaft und zum jetzigen Zeitpunkt gegen eine Grossbaustelle Bildung entschieden. Die Fünfjahresüberprüfungen bieten aber die Chance und die Gelegenheit, frühzeitig und mit genügend Vorlauf verbundpartnerschaftlich über die weiteren Schritte zu diskutieren. 

Duale Bildung in drei Lernorten

Das Berufsbildungssystem ist auch im Berufsfeld Landwirtschaft geprägt durch die Dualität von Theorie und Praxis. Unter kundiger Anleitung des Berufsbildners arbeiten die Lernenden auf dem Lehrbetrieb mit Tieren, Boden oder Maschinen. Es ist für junge Menschen motivierend, früh Verantwortung wahrnehmen zu können. In der Landwirtschaft ist der Ausbildner meist auch der Betriebsleiter. Die Lernenden essen am Tisch der Betriebsleiterfamilie und sind damit involviert in Überlegungen, warum eine Arbeit so oder anders gemacht wird. Das macht ihre Ausbildung praxis- und lebensnah, aber auch abwechslungsreich. Dank der Möglichkeit des Lehrbetriebswechsels lernen sie verschiedene Betriebe, Betriebszweige und Betriebsleiterfamilien kennen.

Die Berufsfachschule vermittelt Grundlagen in allen Kompetenzbereichen der Produktion, der Mechanisierung und in der Betriebswirtschaft. Der Unterricht an den landwirtschaftlichen Berufsfachschulen ist praxisnah: Die Lehrkräfte sind in aller Regel auch in der Beratung tätig. Sie kennen die neusten Produktionsweisen und die Gegebenheiten der Landwirtschaftsbetriebe. Diese Voraussetzungen erlauben es den Lernenden, Handlungskompetenzen und nicht vorwiegend schulisches Wissen anzueignen.

Die überbetrieblichen Kurse (ÜK) als dritter Lernort beinhalten praktische Ausbildungselemente. Nicht jeder Ausbildungsbetrieb verfügt über alle Produktionszweige, Maschinen und Geräte. In den ÜK vermitteln Profi-Instruktoren zusätzlich praktische, grundlegende Fertigkeiten. Der Lehrbetrieb kann darauf aufbauen. Damit sind die ÜK ein wichtiges Element in den Bereichen Unfallverhütung, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz.

Höhere Berufsbildung

Träger der Berufs- und Meisterprüfung ist die OdA AgriAliForm. Sie hat in den vergangenen Jahren die Vorbereitungskurse mit den entsprechenden eidgenössischen Prüfungen für das ganze Berufsfeld der Landwirtschaft neu gestaltet. Dazu gehört die Stärkung der Kompetenzen in Betriebswirtschaft und im Markt, die Neudefinition bzw. Aktualisierung von Modulbeschrieben und die Einführung einer Schlussprüfung auf Stufe Berufsprüfung auf dem Betrieb der Kandidatin/des Kandidaten. Die Berufs- und Meisterprüfungen werden mit den neu erstellten Prüfungsordnungen durchgeführt.

Optimistisch in die Zukunft

Das duale Bildungssystem ist praxisnah. Es wird durch die Verbundpartner getragen und ist somit breit abgestützt. Die Berufe der Landwirtschaft müssen in der Öffentlichkeit als modern, vielseitig, zukunftsträchtig und mit einem positiven Image wahrgenommen werden. Denn trotz aller Unsicherheiten im politischen und wirtschaftlichen Umfeld ist Landwirt/in ein toller, vielseitiger und moderner Beruf.

Martin Schmutz, Schweizer Bauernverband, Agriprof
Kontakt: Anton Stöckli, BLW, Fachbereich Forschung und Beratung, anton.stoeckli@blw.admin.ch