Um dem Verlust der Vielfalt an Nutzpflanzensorten entgegenzuwirken, wurde 1997 der Nationale Aktionsplan zur Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der pflanzengenetischen Ressourcen für Ernährung und Landwirtschaft (NAP-PGREL) ins Leben gerufen. Seit mehr als 16 Jahren werden Projekte von öffentlichen und privaten Organisationen finanziert, die alte Schweizer Nutzpflanzensorten suchen, beschreiben und erhalten. Die Phase IV des NAP-PGREL lief von 2011 bis 2014. In dieser Phase wurde bei den meisten Kulturen die aktive Sortensuche abgeschlossen. Über 5300 der gefundenen Sorten wurden bisher als erhaltenswert eingestuft, da sie in der Schweiz entstanden sind oder einen Bezug zur Schweiz haben. Drei Viertel davon sind an mehreren Standorten langfristig abgesichert. 

Geförderte Projekte der Phase IV 

Die zentrale Aufgabe des NAP-PGREL ist die Förderung der Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt. Das spiegelt sich auch in den Projekten wider, die in der Phase IV gefördert wurden. Viele Nutzpflanzen werden über Samen vermehrt. Solche Sorten werden in der Genbank von Agroscope eingelagert. Bei Kern- und Steinobst und einigen anderen Arten kann das Sortenbild nur über Pfropfen oder über Ausläufer erhalten werden. Diese Kulturen werden in Sammlungen erhalten, die über die ganze Schweiz verteilt sind. 61 Projekte befassten sich mit dem Erstellen oder dem Unterhalt von Sammlungen oder der Genbank.

Damit die erhaltenen Sorten in Zukunft genutzt werden können, müssen ihre Eigenschaften bekannt sein. Die wenigsten Pflanzen können einer bekannten, gut dokumentierten Sorte zugeordnet werden. Darum müssen viele gefundene Pflanzen umfassend beschrieben werden. Anders ist die Lage bei den Weinreben: Zu Rebsorten ist viel Literatur vorhanden, mithilfe derer die gefundenen Pflanzen identifiziert – also einer Sorte zugeordnet – werden können. Dreissig Projekte kümmerten sich um Beschreibungen und Identifizierungen. Nur wenige Projekte hingegen hatten zum Ziel, die Sorten zu nutzen.

Diverse Organisationen haben sich zum Ziel gesetzt, der Öffentlichkeit zu zeigen, wie wichtig es ist, dass von den Nutzpflanzen eine breite genetische Basis erhalten bleibt. 15 solche Programme wurden vom Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) mit Finanzhilfen unterstützt. Dabei handelte es sich mehrheitlich um Schaugärten, aber auch um Einzelveranstaltungen und Publikationen. 

Anzahl geförderte NAP-PGREL Projekte in der Phase IV 

KulturgruppeErhaltung (Sammlung)Identifizierung / BeschreibungNutzungÖffentlichkeits-
arbeit
Obst361013
Reben5301
Beeren5100
Gemüse5405
Getreide, Mais1413
Kartoffeln3111
Aroma- und Medizinalpflanzen1200
Industriepflanzen2201
Futterpflanzen2300
kulturübergreifend0011
Total6130415

Anmerkung: Ein Projekt kann mehrere Nennungen haben
Quelle: BLW

Ackerpflanzen und Reben gut abgesichert  

Die Erhaltung sowie die Beschreibung und Identifikation sind bei den verschiedenen Kulturen unterschiedlich fortgeschritten. Mehr als 95 % der Ackerpflanzen sind definitiv an mehreren Standorten abgesichert. Beim Getreide wurden in der Phase IV die grundlegenden Beschreibungen der fast 1500 Linien beinahe abgeschlossen. Bei einem Achtel der Maissorten müssen sie noch vervollständigt werden, während sie bei allen erhaltenswerten Kartoffelsorten komplett sind. Für die nächste Phase stehen für diese Kulturen Projekte mit Nutzungsaspekt an.

Bei den Reben wurde anhand der vorhandenen Literatur entschieden, welche Sorten erhalten werden sollen. In der Phase IV wurden die Neuzugänge genetisch und visuell identifiziert. So konnten einige noch fehlende Sorten gefunden werden. Über 90 % der Rebsorten sind in mindestens zwei, die meisten sogar in drei Sammlungen abgesichert.

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Beeren-, Kern- und Steinobsterhaltung im Aufbau 

Die Hauptobstarten, die im Rahmen des NAP-PGREL erhalten werden, sind Äpfel, Birnen, Zwetschgen, Kirschen, Walnüsse und Kastanien. Bei allen Obstsorten – ausser bei Walnüssen – befindet sich die Liste mit den Pflanzen, die erhalten werden sollen, noch in Überarbeitung. In der Phase IV wurde die Grundlage dazu geschaffen. Genetische Analysen haben gezeigt, welche Bäume zur gleichen Sorte gehören. Jetzt muss anhand der Frucht- und Baumbeschreibungen entschieden werden, was erhalten und wie die Sorte bezeichnet wird. In der Phase IV wurde der Fokus bei der Erhaltung auf die Pflanzen gelegt, die sicher eigenständige Sorten sind. Deshalb stehen viele der über 7000 Herkünfte oder Sorten noch in provisorischen Sammlungen. Sie werden erst definitiv abgesichert, wenn die erhobenen Daten ausgewertet worden sind.

Auch bei den Beeren ist die Liste der Pflanzen, die erhalten werden sollen, noch nicht definitiv, da die Identifizierung noch nicht abgeschlossen ist. Zurzeit befinden sich etwas mehr als drei Viertel der Pflanzen, die sicher erhalten werden sollen, in einer definitiven Sammlung.

Zu den Nebenobstarten gab es in der Phase IV unter anderem ein Projekt, in welchem die Verbreitung der Mispeln in der Schweiz erhoben wurde.

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Wichtigste Gemüsearten gesichtet  

Beim Bestimmen der erhaltenswerten Gemüsesorten wird jeweils nach Pflanzenart vorgegangen. In der Phase IV wurden Kohlrabi und Bodenkohlrabi, Kürbis und Zucchetti, Paprika, Sellerie, Spinat, Schalotten und Zwiebeln gesucht und beschrieben. Die Beschreibung der Erbsen und Kefen, die 2010 begann, wurde ebenfalls in der Phase IV abgeschlossen. Somit waren Ende Phase IV fast alle in der Schweiz verbreitet angebauten Gemüsearten gesichtet. Von über 90 % der fast 500 Sorten, die erhalten werden sollen, sind Samen zur Einlagerung an die Genbank von Agroscope geschickt worden.

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Lücken bei den Medizinal- und Futterpflanzen 

Während bei fast allen anderen Kulturen die Mehrheit der Pflanzen bereits abgesichert ist, sind bei den Aroma- und Medizinalpflanzen erst ein Fünftel definitiv eingelagert. Dafür wurde in dieser Phase die Suche nach fehlenden Sorten abgeschlossen.

Die vielen Dauergrünflächen mit unterschiedlichen Bewirtschaftungsformen führten in der Schweiz zu einer grossen Vielfalt an Futterpflanzen in Form von sogenannten Ökotypen. 300 Ökotypen sind bei Agroscope eingelagert. Vier Fünftel davon sind grundlegend beschrieben. Bei der Hälfte sind auch weitere wichtige Eigenschaften wie Ertrag und Krankheitsanfälligkeit bekannt.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Kulturen sollen die Futterpflanzen hauptsächlich in ihrer natürlichen Umgebung erhalten werden. So können sie auf sich laufend ändernde Umwelt- und Bewirtschaftungsbedingungen reagieren. In einem Pilotprojekt wurden in den Kantonen Uri und Luzern gleichmässig verteilte Flächen erhoben, auf denen seit mindestens 20 Jahren keine An- oder Übersaat stattgefunden hatte. Es ist davon auszugehen, dass dort viele lokal angepasste Ökotypen vorkommen. Es werden verschiedene Varianten geprüft, wie die genetische Vielfalt gesichert werden kann.

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Ausblick 

In der Phase V des NAP-PGREL geht es darum, bestehende Lücken zu füllen und das bisher erhaltene zu bewahren. Ziel ist, in den nächsten vier Jahren die grundlegenden Beschreibungen und Identifizierungen bei allen Kulturen so weit wie möglich abzuschliessen. Wo nötig muss die Erhaltung ausgebaut werden. Zudem soll die nachhaltige Nutzung stärker in den Fokus rücken. 

Christina Kägi, BLW, Fachbereich Genetische Ressourcen und Technologien, christina.kaegi@blw.admin.ch